Gut gemeint, schlecht gedacht
Ab 1. Juli 2023 gilt das neue „Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz“, in welchem eine Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung festgeschrieben ist. Außerdem wird infolge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts künftig die Kinderanzahl der Versicherten bei der Beitragsberechnung einbezogen. Diese Maßnahme dürfte für die Arbeitgeber:innen in Deutschland eine Menge an Mehraufwand bedeuten.
Drei Kernpunkte
Erstens wird der Basisbeitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung von bisher 3,05 % auf 3,4 % erhöht, für Arbeitgeber:innen steigt der Beitragsanteil also auf 1,7 %. Der Arbeitnehmeranteil hängt künftig davon ab, ob und wie viele Kinder der/die Betroffene hat.
Zweitens wird der „Kinderlosenzuschlag“ für Beschäftigte ab 23 Jahren von bisher 0,35 % auf 0,6 % erhöht. Dieser Zuschlag ist wie bisher ausschließlich von den betroffenen Arbeitnehmer:innen zu tragen und erhöht deren Beitragsanteil ab Juli auf 2,3 %.
Drittens wird es für Beschäftigte mit mehr als einem Kind gestaffelte Abschläge auf die Arbeitnehmeranteile geben, geplant sind vom zweiten bis zum fünften Kind jeweils 0,25 %. Der arbeitnehmerseitige Beitrag fällt für diese Gruppe also je nach Kinderanzahl schrittweise um bis zu 1 % auf noch 0,7 % bei fünf oder mehr Kindern. Die Abschläge gelten nur für Kinder bis zum 25. Lebensjahr.
Nachweis der Elterneigenschaft
Bisher wurde die Elterneigenschaft mit Blick auf die Beiträge zur Pflegeversicherung über ein Kennzeichen in den Lohnprogrammen verwaltet, der Nachweis erfolgte oft über Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte. Dies wird ab Juli für alle Arbeitgeber:innen in Deutschland deutlich aufwendiger werden, denn ihnen obliegt auf Sicht die Nachweisverwaltung der Elterneigenschaft und sämtlicher Kinder. Und die hat es in sich, denn diese Nachweise können auf vielfältige Weise erfolgen, und zwar in vielen Landessprachen. Die Dokumente müssen bei den Arbeitgebern im Original vorliegen und gegebenenfalls beglaubigt übersetzt werden. Alle Papiere müssen zudem von den Personalabteilungen aufbewahrt werden.
Hoher Verwaltungsaufwand für alle
In der Praxis bedeutet die Neuregelung, dass alle Arbeitgeber:innen bis zum 1. Juli die Nachweise aller gesetzlich versicherten Beschäftigten über sämtliche Kinder vorliegen haben müssen – und die jeweilige Kinderanzahl in ihr Lohnverfahren eingegeben haben. Andernfalls können die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung nicht korrekt berechnet werden.
Die Beschäftigten müssen die geforderten Nachweise rechtzeitig besorgen, was in vielen Fällen nicht einfach sein dürfte.
Die Personalabteilungen müssen außerdem die Personalfragebögen anpassen, alle Beschäftigten mit gesetzlicher Pflegeversicherung informieren und natürlich die relevanten Daten mit etwaigen Dienstleistern austauschen.
Die Hersteller von Lohnsoftware müssen bis 1. Juli die Modalitäten der neuen Beitragsberechnungen in ihren Verfahren umgesetzt haben, von neuen Feldern bis zu veränderten Beitragsformeln muss alles vorhanden sein.
Bei Mehrfachbeschäftigten, Arbeitgeberwechseln und weiteren Konstellationen sind die Nachweise zudem mehrfach zu erbringen.
Der Gesetzgeber hat inzwischen die Einrichtung einer zentralen Stelle in Aussicht gestellt, welche die geforderten Nachweisführungen für Elterneigenschaft und Kinder zentral zusammenführt. Wann und in welcher Form diese neue Behörde startet, bleibt abzuwarten.
Weitere Beratungsfolge des Gesetzes
- 2./3. Lesung im Bundestag: 25./26. Mai 2023
- 2. Durchgang im Bundesrat: 16. Juni 2023
- Inkrafttreten: 1. Juli 2023
Wir für Sie!
KIDICAP steht wie immer kompetent und zuverlässig an der Seite aller Kund:innen, alle vom Gesetzgeber geforderten Berechnungsvorgaben werden vollständig und kundengerecht umgesetzt, ebenso wie notwendige neue Eingabefelder.