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Demokratisierung der Personalarbeit

Der Begriff „Barrierefreiheit“ wird gerne mit behindertengerechten Räumlichkeiten oder stufenfreien Zugängen zu öffentlichen Verkehrsmitteln assoziiert. Doch spielt dieses Thema auch in der digitalen Welt eine große Rolle, auch mit Blick auf personalwirtschaftliche Webanwendungen. Wie sehen barrierefreie HR-Lösungen aus?

Das Internet bietet immense Möglichkeiten, doch leider nicht gleichermaßen für alle. Menschen mit Behinderungen können die digitalen Angebote oftmals nur eingeschränkt oder gar nicht nutzen. Inzwischen werden immer mehr Anwendungen barrierefrei gestaltet, um allen Nutzer:innen einen uneingeschränkten Zugang zu gewähren. Dazu gehören wachsend auch Applikationen für das Personalmanagement, vor allem im öffentlichen Dienst. Die HR-Softwareersteller in diesem Bereich sind also besonders gefordert.

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Zugang für alle

Die digitale Barrierefreiheit ist nicht auf körperliche Einschränkungen wie Blindheit oder Schwerhörigkeit beschränkt, auch kognitive, kulturelle oder sprachliche Faktoren sind von Bedeutung. Webseiten, Inhalte und Anwendungen sollten deshalb so gestaltet sein, dass eine gleichberechtigte Nutzung durch alle Menschen möglich ist. Dies gilt ebenfalls für die Personalwirtschaft, in welcher die unterschiedlichsten Menschen ihre Arbeit zu großen Teilen mit fachlichen Anwendungen am Computer verbringen.

Barrierefreies Webdesign

Es gibt zahlreiche technische Möglichkeiten, digitale Barrieren abzubauen. Zu den wichtigsten gehören Anpassungen von Kontrasten und Farben, die flexible Größenwahl von Texten, alternative Navigationsmöglichkeiten für Maus oder Tastatur (z.B. Sprachbefehle) und eine anwenderfreundliche Gestaltung der Seiten. Ferner sollte es für Audio- und Videoformate unterstützende Instrumente wie Untertitel oder Gebärdensprache geben.

Standards, Normen und Gesetze

Hier sind zunächst die „Web Content Accessibility Guidelines oder kurz WCAG zu nennen, die aktuell in der Version 2.1 mehr als 90 Prüfkriterien aufweisen. Diese Richtlinien fußen auf den Prinzipien Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. Sie sind Grundlage für gesetzliche Vorgaben in vielen Ländern. Die europäischen Normen (EN 301 549) basieren ebenfalls darauf. In Deutschland berufen sich das Behindertengleichstellungsgesetz und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung auf die WCAG.

„Wir profitieren alle!“

Karin Knibba, Managing Product Owner (UX) bei der GIP

 

Ein Gespräch mit der Expertin Karin Knibba zur praktischen Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit in der personalwirtschaftlichen Softwarelösung KIDICAP. Frau Knibba ist Managing Product Owner (UX) bei der GIP.

Frau Knibba, was kann ich mir unter Barrierefreiheit konkret vorstellen?

Barrierefreiheit hat verschiedene Dimensionen, am bekanntesten ist sie in Zusammenhang mit der Zugänglichkeit von Gebäuden oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Doch auch mit Blick auf das Internet ist dieses Thema von Bedeutung, man spricht hier auch von digitaler Barrierefreiheit. Grundsätzlich geht es in allen Bereichen darum, jedem Menschen einen Zugang zu ermöglichen, auch wenn sie eine Behinderung haben.

Bleiben wir bei der digitalen Barrierefreiheit. Wie sieht diese in der Praxis aus?

Da gibt es viele Beispiele. Ist jemand stark sehbehindert, muss er seine Bildschirmansicht entsprechend vergrößern können. Auch Nutzer:innen mit einer Farbenblindheit profitieren, wenn die Farbkontraste entsprechend gestaltet sind. Oder nehmen Sie Menschen, die keine Tastatur bedienen können, diese benötigen Unterstützung etwa durch die Nutzung von Sprachbefehlen. So funktioniert es bei anderen Beeinträchtigungen auch, moderne Technologien können betroffenen Menschen die komfortable Nutzung des Internets ermöglichen.

Das Feld der Betroffenen ist zudem viel größer, als man glaubt. Im Prinzip ist jeder Mensch mit Brille bereits eingeschränkt und freut sich über die Zoom-Funktionen am Bildschirm. Viele User:innen sind auch nur temporär betroffen, zum Beispiel nach einem Armbruch, der ihnen die gewohnten Mausklicks verwehrt. Im Prinzip profitieren wir also alle – oder werden es eines Tages tun.

Gibt es eine Zertifizierung für digitale Barrierefreiheit?

Nicht offiziell, doch hier gibt es Bewegung. De facto gelten allerdings die glasklaren Anforderungen seitens der Kunden, gerade im öffentlichen Dienst. Ein entscheidendes Kriterium ist dabei der BITV-Test, welcher die Barrierefreiheit von informationsorientierten Webangeboten prüft. Daran orientieren sich die Anforderungen unserer Kunden in der Regel.

Im öffentlichen Dienst ist Barrierefreiheit schon lange ein Thema, in der Privatwirtschaft weniger. Ist der öffentliche Dienst diesbezüglich also ein Vorreiter?

Das kann man so sagen. Die aktuelle gesetzliche Lage betrifft den öffentlichen Dienst stärker als die Privatwirtschaft. Dort befindet man sich bisher noch im Bereich der Empfehlungen. Wobei es auch in der Privatwirtschaft eine Reichweitensteigerung und insbesondere einen Beitrag zur digitalen Demokratisierung bedeutet, wenn man die Kriterien der digitalen Barrierefreiheit einhält.

Kostet die Einführung von Barrierefreiheit viel Zeit?

Es ist in der Tat ein hoher Aufwand, nicht nur bei der Einführung. Jeder neue Content muss den geforderten Kriterien entsprechen und nach der technischen Umsetzung auf Praxistauglichkeit getestet werden. Doch wir tun dies gerne, um allen Menschen einen gleichermaßen hochwertigen Zugang zu unseren Anwendungen gewährleisten.

 

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Standards, Normen und Gesetze

Standard
WCAG 2.1: Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1

Europäische Normen
EN 301549 - Accessibility requirements suitable for public procurement of ICT products and services in Europe

Deutsche Gesetzgebung
Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG)
Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem BGG (BITV)

Testverfahren
BITV-Test: Barrierefreiheit von informationsorientierten Webangeboten

Definition „Barrierefreiheit“

"Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“

§4 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)

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